Die Liebenden
Bertolt Brecht (1898-1956)
Die Liebenden
Sieh jene Kraniche in großem Bogen!
Die Wolken, welche ihnen beigegeben
Zogen mit ihnen schon, als sie entflogen
Aus einem Leben in ein andres Leben
In gleicher Höhe und mit gleicher Eile
Scheinen sie alle beide nur daneben.
Daß so der Kranich mit der Wolke teile
Den schönen Himmel, den sie kurz befliegen
Daß also keines länger hier verweile
Und keines andres sehe als das Wiegen
Des andern in dem Wind, den beide spüren
Die jetzt im Fluge beieinander liegen
So mag der Wind sie in das Nichts entführen
Wenn sie nur nicht vergehen und sich bleiben
Solange kann sie beide nichts berühren
Solange kann man sie von jedem Ort vertreiben
Wo Regen drohen oder Schüsse schallen.
So unter Sonn und Monds wenig verschiedenen Scheiben
Fliegen sie hin, einander ganz verfallen.
Wohin ihr? Nirgendhin. Von wem davon; Von allen.
Ihr fragt, wie lange sind sie schon beisammen?
Seit kurzem. Und wann werden sie sich trennen? Bald.
So scheint die Liebe Liebenden ein Halt.
Lovers
See that great arc of cranes!
The clouds, their own companions,
Went with them as they flew
From one life to another:
Same height, same speed, the two
Seemed to glide on together.
So crane and cloud, who share
The glorious sky, go quickly by,
And neither lingers here, but sees
Only the other ride the breeze,
Both alongside and both aware;
The wind cajoles them to the void.
If they survive, stay close-deployed,
Nothing can harm the clouds and cranes,
Not crash of guns nor threat of rains.
Beneath the discs of moon and sun,
Wrapped in each other, they fly on.
Where from? From nowhere. Where to? Everywhere.
You ask: And how long have they been a pair?
Not long. How soon to part? The time is short.
Lovers imagine love’s a sure support.Said at Chichester 2023
Translation: Copyright © Timothy Adès