After a Bad Dream
Nach schwerem Traum
Gerrit Engelke (1890-1918)
Nach schwerem Traum
Ich bin Soldat und steh im Feld
Und weiß von niemand in der Welt.
Drum kann ich diesen Regentag nicht feiern,
So kummerzärtlich, feucht und bleiern,
Da mir dein Bild zur Nacht den Schlaf zerschlug
Und mich in deine Nähe trug.
Ich bin Soldat und steh im Feld,
Gewehr im Arm, und fern der Welt.
Wär ich zu Haus, ich schlösse Tür und Scheiben
Und wollte lange einsam bleiben;
Im Sofawinkel sitzend mich versenken,
Geschlossnen Auges deiner denken.
Ich bin Soldat im trüben Feld.
Hier endet alte Menschenwelt.
Der Regen singt, die nassen Strähnen fließen.
Ich kann nichts tun – nur Blei verschießen.
Weiß nicht warum, tu′s doch als ob ich′s muß:
Ins graue Wetter kracht ein Schuß!
After a Bad Dream
I am a soldier in the field,
Aware of no-one in the world.
I can’t enjoy this rainy day,
So sad and tender, damp and grey,
Because, last night, your face destroyed
My sleep, and brought me to your side.
I am a soldier in the field,
Armed, and a long way from the world.
I’d bar the door, were I at home,
And be alone, where none could come:
Into the deep snug cushions sinking,
I’d close my eyes, and see you in my thinking.
I am a soldier in the field
Of grief, outside the human world.
Rain sings, and streaming waters run,
And I can only fire my gun.
I do it. Must I do it? I know not.
Into the fog, a ringing rifle-shot!
Translation: Copyright © Timothy Adès
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Rest your head
Leg deinen Kopf
Walter Hasenclever (1890-1940)
Leg deinen Kopf
Leg deinen Kopf nur leise
In meine kühle Hand,
Und nach alter Weise
Träumen wir ins Land.
Wer von uns kennt das Leben!
Man übersieht es kaum.
Man glaubt es ist sein Leben,
Und ist doch nur ein Traum.
Traum und Vorüberfliehen -
Wer weiß, was kommen mag!
Glanz und Glück verblühen
Wie ein Sommertag.
Rest your head
Rest your head so gently
On my cool calm hand:
Let us reverently
Dream of verdant land.
What’s our ken of living?
Little can we see.
What we think is living
Is but phantasy.
Phantasy, the fleeting,
Future none can say!
Glory, fortune, fading
Like a summer day.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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In Your Room
In deinem Zimmer
Ernst Wilhelm Lotz (1890-1914)
In deinem Zimmer
In deinem Zimmer fand ich meine Stätte.
In deinem Zimmer weiß ich, wer ich bin.
Ich liege tagelang in deinem Bette
Und schmiege meinen Körper an dich hin.
Ich fühle Tage wechseln und Kalender
Am Laken, das uns frisch bereitet liegt.
Ich staune manchmal still am Bettgeländer,
Wie himmlisch lachend man die Zeit besiegt.
Bisweilen steigt aus fernen Straßen unten
Ein Ton zu unserm Federwolkenraum,
Den schlingen wir verschlafen in die bunten
Gobelins, gewirkt aus Küssen, Liebe, Traum.
In Your Room
It’s in your room I’ve found the place I live in,
It’s here I know just what I am, and who.
I’m in your bed from morning through to evening,
And snuggle up my body close to you.
I sense, each time our sheets are freshly laundered,
The passing weeks, the seasons of the year.
And by the handrail of the bed I’ve wondered
At how we conquer Time with our good cheer.
Sometimes a sound from streets below comes climbing
Up to our feather-cloud-world, high above:
We oversleep and thread it in our cheerful
Gobelins, wrought of kisses, dreams, and love.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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Breakfast
Frühstück
Kurt Tucholsky (1890-1935)
Frühstück
Stell auf den Tisch das braune Kaffeekännchen
und rück mir näher, dickes Ännchen!
Die Sonne scheint, die Vöglein pfeifen,
man kann dich mollig in die Backen kneifen.
Wie schmeckt das Frühstück Mund an Munde!
Dies ist des Tages schönste Stunde.
Breakfast
Put the brown coffee-pot on the table,
Annie Fatty-pot! The sun is warm,
Birds are in form, come here and inch
Nearer to me so I’ll be able
To give your chubby cheeks a pinch.
Tasty brekker, mouths together:
All day long, nothing’s better.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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Paragraph 218
Paragraph 218
Erich Weinert (1890-1953)
Paragraph 218
So lebt das alte Scheusal immer noch
Im Pfaffendunkel und Gesetzekälte?
Das grinsend über Liebesträume kroch
Mit Leichenfingern frommer Staatsanwälte.
So dient ein Weib, das noch was auf sich hält
Teils der Moral und teils dem Nationalen.
Wer wahrhaft christlich ist, der braucht kein Geld;
Der Himmel wird die Alimente zahlen.
Jawohl es lebt als sittliches Prinzip,
Besonders für die niedren Atmosphären.
Ein deutsches Weib hat nur den einen Trieb,
So viel als möglich Kinder zu gebären.
Denn einmal braucht man Menschenmaterial
Für Unternehmer und für kunftge Schlachten,
Und zweitens auch im Hinblick der Moral
Muß jedes Weib nach vielen Kindern trachten.
Ein jeder Tag zeigt uns erneut:
Entsittlichung herrscht nur in untern Schichten,
In daß die bessern Stände jederzeit
Sich streng nach jenen Paragraphen richten.
Deshalb vermehret Euch mit Gottvertrauen,
Ihr Proletarier und ihr Angestellten!
Nehmt Euch ein Vorbild an den echten Frauen
Von Sittlichkeitsdurchtränkten Staatsanwälten!
Paragraph 218
In the dark of the Church and the chill of the Law
Is the monster of old yet lurking,
With a priggish attorney’s cadaverous claw
To crawl on Love’s dream, still smirking?
A good woman serves with confidence
Morality, yes, and the Nation.
Her support is paid for by Providence:
That’s enough for the genuine Christian.
Here’s a moral precept that still survives,
Meant first for the humblest, maybe:
A true German woman has no other drives,
She’s always having a baby.
Our human stocks are our vital resource,
For employers and (one day) for battle;
And all women have their duty of course,
Which is unremittingly natal.
We see it afresh every single day,
Moral rot in the lower divisions:
The superior elements, come what may,
Stay strictly within the provisions.
So trust in the Lord, lowly workers and clerks,
And breed like the mice in your houses.
Think of Crown briefs, stewed in their rectitude:
Take after their stainless spouses.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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Poor Wife!
Die arme Frau
Kurt Tucholsky (1890-1935)
Die arme Frau
Mein Mann? Mein dicker Mann, der Dichter?
Du lieber Gott, da seid mir still!
Ein Don Juan? Ein braver, schlichter
Bourgeois – wie Gott ihn haben will.
Da steht in seinen schmalen Büchern,
wie viele Frauen er geküßt;
von seidenen Haaren, seidenen Tüchern,
Begehren, Kitzel, Brunst, Gelüst..
.
Liebwerte Schwestern, laßt die Briefe,
den anonymen Veilchenstrauß!
Es könnt ihn stören, wenn er schliefe.
Denn meist ruht sich der Dicke aus.
Und faul und fett und so gefräßig
ist er und immer indigniert.
Und dabei gluckert er unmäßig
vom Rotwein, den er temperiert.
Ich sah euch wilder und erpichter
von Tag zu Tag – ach! laßt das sein!
Mein Mann? Mein dicker Mann, der Dichter?
In Büchern: ja. Im Leben: nein
Poor Wife!
My big fat poet, my old man?
Lord! Don’t keep on at me.
A nice thin bourgeois, a Don Juan?
So God would have him be.
You’ve read it in his slender books,
How many women kissed,
The silken stuffs, the silken locks,
Hopes, gropes, hot passion, lust…
Dear sisters, let the love-notes go,
Those hinting violets:
You might disturb his sleep, you know,
Yes, all that sleep he gets!
He’s fat, he’s lazy, gluttonous,
He drinks red wine - he glugs –
He is excessive, always cross -
He doctors it in jugs.
I’ve seen you get more wild and hot
Each day – forget him, please!
My big fat poet, my old man?
In books he is, in real life he’s -
He’s not.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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October Rose
Oktoberrose
Georg von der Vring (1889-1968)
Oktoberrose
Oktoberrose, schöne
Und letzte Künderin,
Wo sind des Sommers Töne,
Wo seine Lieder hin?
Ob ich an dich gedenke,
Ob sich dein Duft bewahrt,
Die herbstlichen Geschenke
Sind all von deiner Art.
Es kommt ein Wind von Osten,
Der weht dich aus der Zeit.
Die Gartentore rosten
Vor deiner Ewigkeit
October Rose
October Rose, you charmer,
Last herald of the fall,
Where are the sounds of summer,
The songs, departed all?
What if I still remember,
Or you still scent the wind?
The bounties of September
Are all your kith and kind.
The blast that comes from eastward
Bears you from time away:
When garden gates have rusted,
You still shall hold your sway.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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‘Och, for aye is sae lang’ – words on a cemetery in Oldenburg
‘O ewich ist so lanck’ – Inschrift am Oldenburger Gertrudenfriedhof
Georg von der Vring (1889-1968)
‘O ewich ist so lanck’ – Inschrift am Oldenburger Gertrudenfriedhof
„Es glüht der Mond auf Gräber hin.
Mir schläft schon mancher Freund darin.
Sie sind so fern wie Mond und Stern.
O ewig ist so fern.“
‘Och, for aye is sae lang’ – words on a cemetery in Oldenburg
On ranks of graves the moonlight glows
Where many friends of mine repose.
They are as far as moon and star.
Forever is so far.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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Most happily
Am liebsten
Georg von der Vring (1889-1968)
Am liebsten
„Am liebsten hab ich gelebt
Im Schleier verregneter Gärten.
Hier fanden mich gute Gefährten.
Wir haben nach Hohem gestrebt.“
Sie fielen, so blieb ich allein
Und lebte, da niemand mich störte,
Ein Leben, das keinem gehörte,
Und also war es nicht mein.
Most happily
Most happily I lived
With good companions hidden
In garden haunts rain-sodden.
For higher things we strived.
They fell, I was alone.
I lived, disturbed by none:
My life was owned by none,
So it was not my own.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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Farewell
Abschied (II)
Alfred Lichtenstein (1889- 1914)
Abschied (II)
Vorm Sterben mache ich noch mein Gedicht.
Still, Kameraden, stört mich nicht.
Wir ziehn zum Krieg. Der Tod ist unser Kitt.
O, heulte mir doch die Geliebte nit.
Was liegt an mir. Ich gehe gerne ein.
Die Mutter weint. Man muß aus Eisen sein.
Die Sonne fällt zum Horizont hinab.
Bald wirft man mich ins milde Massengrab.
Am Himmel brennt das brave Abendrot.
Vielleicht bin ich in dreizehn Tagen tot.
Farewell
I write these lines before I die.
Don’t disturb, comrades, just pass by.
We’re off to war, where death is all.
I wish my darling wouldn’t bawl.
It’s up to me. I’ll go! I’m glad.
Mum sobs. We must be iron-hard.
Down to the skyline sinks the sun.
Soon in a mass grave I’ll be thrown.
The evening glow is good and red.
In thirteen days I may be dead.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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